Verrechnungspreise: Verkürzung – Vorlagefrist Dokumentation / Änderung Verwaltungsgrundsätze


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Für die 2025 beginnenden Betriebsprüfungen gelten die im Gesetz zur Modernisierung des Betriebsprüfungsverfahrens vorgesehenen „vereinfachenden“ Verfahrensvorschriften. Der administrative Aufwand für Steuerpflichtige wird jedoch voraussichtlich steigen, insbesondere bei Verrechnungspreisen. Die Verrechnungspreisdokumentation muss nun binnen 30 Tagen nach Prüfungsanordnung ohne separate Aufforderung vorgelegt werden. Die geänderten Verwaltungsgrundsätze für Verrechnungspreise (VWG 2023) können bei grenzüberschreitenden konzerninternen Umstrukturierungen und Finanzierungen zusätzliche Schwierigkeiten bedeuten.

Einleitung
Unternehmen mit internationalen konzerninternen Geschäftsbeziehungen sind verpflichtet, die Einhaltung des Fremdvergleichsgrundsatzes darzulegen. Diese Verrechnungspreisdokumentation (auch: TP-Dokumentation) bildet die Basis für die Betriebsprüfung. Möchte der Betriebsprüfer Verrechnungspreise wegen mangelnder Angemessenheit korrigieren, muss er beweisen, dass der Preis nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht. Eine ordnungsgemäße Dokumentation ist daher für das Unternehmen von besonderer Bedeutung.

Änderung der Vorlagefrist auf 30 Tage
Die Modernisierung des Betriebsprüfungsverfahrens bringt in Bezug auf die Vorlage der Verrechnungspreisdokumentation wichtige Änderungen:

  • Die Finanzbehörde kann die Verrechnungspreisdokumentation innerhalb von 30 Tagen jederzeit, d.h. auch außerhalb der Betriebsprüfung anfordern.
  • Bei einer Betriebsprüfung muss die Dokumentation unaufgefordert innerhalb von 30 Tagen nach Prüfungsanordnung vorgelegt werden (früher 60 Tage und erst nach Aufforderung).

Sanktionen bei Verletzung von Vorlagepflichten
Bei Verstößen drohen mögliche Sanktionen:

  • Bei Nichtvorlage oder unverwertbaren Aufzeichnungen: Mindestens 5.000 EUR Zuschlag
  • Bei verspäteter Vorlage: Mindestens 100 EUR pro Tag, bis max. 1.000.000 EUR

Zusätzliche Verschärfung durch Änderungen der VWG 2023
Je nach Fallkonstellation können die Änderungen der VWG 2023 die Erstellung von Verrechnungspreisdokumentationen erschweren: Aufgrund zusätzlicher Anforderungen erfordern sie grds. mehr Zeit und Ressourcen. Am 6. Juni 2023 veröffentlichte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die neuen VWG 2023, die die VWG 2021 vom 14.07.2021 geändert und aktualisiert haben.

Änderungen betreffen vor allem die Funktionsverlagerung und die Fremdüblichkeit der Finanzierung. Beide Bereiche führen in der Praxis regelmäßig zu intensiven Diskussionen mit der Betriebsprüfung:

  • Klarstellung, dass die Verlagerung von IP-relevanten DEMPE-Funktionen (Development, Enhancement, Maintenance, Protection, Exploitation) oder Risikokontrollen von der Finanzverwaltung als Funktionsverlagerung interpretiert werden.
  • Vereinfachungsregeln, wie die Bagatellregelung bei Funktionsverdopplung, die Abgrenzung von Dienstleistungen sowie die Übertragung von immateriellen Vermögenswerten, wurden gestrichen.
  • Bei der Bemessung der Höhe der Darlehenszinsen wird der Wissensvorsprung, der sich durch die innerbetrieblichen Kontroll- und Leitungsmöglichkeiten im Konzern ergibt, berücksichtigt.
  • Finanzverwaltung wendet die BFH-Rechtsprechung an wonach, nicht nur Fälle der Besicherung sondern auch Nichtbesicherung eines Darlehens als fremdüblich angesehen werden können.

Fazit:

  • Klare Dokumentation und überzeugende Verrechnungspreisbegründungen sind entscheidend, um Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung zu vermeiden. Fortlaufende Dokumentationsanpassungen, interne Prozessoptimierung bei der Dokumentation und Mitarbeiter-Sensibilisierung zur Fehlerreduzierung sind ebenfalls wichtig.
  • Trotzdem nehmen Verrechnungspreisstreitigkeiten zu. Gut gemeinte Änderungen im Steuerverfahrensrecht und bei Verrechnungspreisen erschweren die Steuer-Compliance.Im schlimmsten Fall, drohen Doppelbesteuerung, langwierige Verrechnungspreisstreitigkeiten.
  • Kommt es zum Verrechnungspreisstreit, sind individuelle Strategien gefordert, die nationale und internationale Verfahrensinstrumente wie Einspruchs-/Klageverfahren oder bilaterale/multilaterale Verständigungsverfahren geschickt kombinieren.