Auswirkungen der Grunderwerbsteuerreform auf die steueroptimierte Strukturierung von Anteilskäufen (Share Deals) bei Kapitalgesellschaften


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Mit der Grunderwerbsteuerreform verschärfte der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem 1. Juli 2021 die grunderwerbsteuerlichen Vorschriften. Diese Neuerungen führten zu wesentlichen Änderungen in der steueroptimierten Strukturierung von Share Deals über grundbesitzhaltende Kapitalgesellschaften.

Was sind RETT-Blocker (engl. Real Estate Transfer Tax)?

In der Praxis werden bei Anteilskäufen über grundbesitzhaltende Kapitalgesellschaften (Share Deals) häufig Strukturen gewählt, die eine Grunderwerbsteuerpflicht des Erwerbs vermeiden (sog. RETT-Blocker). Der Grund hierfür liegt klar auf der Hand: Bei Share Deals beträgt die Grunderwerbsteuer je nach Bundesland 3,5% bis 6,5% des Werts aller Grundstücke im Vermögen der Kapitalgesellschaft. Das Verhindern der Grunderwerbsteuerpflicht reduziert daher die Gesamtkosten der Transaktion.

Maßnahmen der Grunderwerbsteuerreform

Da dem Fiskus hierdurch jährlich erhebliche Einnahmen entgehen, verschärfte der Gesetzgeber die grunderwerbsteuerlichen Regelungen:

  • Bereits der Erwerb von 90% der Anteile (statt bisher 95%) an einer grundbesitzhaltenden Gesellschaft wird wie der Erwerb aller von der Gesellschaft gehaltenen Grundstücke behandelt (vgl. 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG).
  • Der neue § 1 Abs. 2b GrEStG löst nun auch bei Kapitalgesellschaften eine Grunderwerbsteuerpflicht aus, wenn innerhalb von 10 Jahren mindestens 90% der Anteile an der Kapitalgesellschaft (mittelbar oder unmittelbar) auf neue Gesellschafter übergehen. Bis zum 1. Juli 2021 galt dies nur für Personengesellschaften (vgl. § 1 Abs. 2a GrEStG).

Auswirkungen auf die Gestaltungspraxis

Besonders spürbar sind die neuen Regelungen beim sogenannten Exit. In dieser „Lebensphase“ eines Investments verkauft der Investor (bestenfalls) alle Anteile an der Gesellschaft; regelmäßig um einen Gewinn zu realisieren.

Vor der Reform war es einem Investor möglich alle Anteile auf einmal zu veräußern, ohne eine Grunderwerbsteuerpflicht auszulösen. Hierfür konnte z.B. ein Käufer 94,9% und ein anderer Käufer 5,1% der Anteile erwerben. Auf diese Weise wurden bei keinem Käufer 95% der Anteile an der Gesellschaft vereinigt und es entstand keine Grunderwerbsteuerpflicht (vgl. § 1 Abs. 3 und 3a GrEStG aF).

Seit dem Inkrafttreten der Reform ist dies nicht mehr möglich:

  • Wegen des neuen § 1 Abs. 2b GrEStG können – ohne eine Grunderwerbsteuerpflicht auszulösen – maximal 89,9% an einer Kapitalgesellschaft innerhalb von 10 Jahren auf neue Gesellschafter übergehen.
  • Wenn innerhalb von 10 Jahren nach dem Erwerb von 89,9% der Anteile weitere 0,1% auf neue Gesellschafter übergehen, löst dies eine Grunderwerbsteuerpflicht aus.
  • Auch nach Ablauf der 10 Jahre darf ein Erwerber von 89,9% der Anteile nicht auch die übrigen 10,1% erwerben. Anderenfalls vereinigen sich in seiner Person mindestens 90% der Anteile, was eine Grunderwerbsteuerpflicht auslöst (vgl. § 1 Abs. 3 und 3a GrEStG aF).
  • Möglich ist jedoch u.U. ein grunderwerbsteuerfreier Erwerb der übrigen 10,1% nach 10 Jahren durch einen Dritten.

Es bleibt abzuwarten, welche Änderungen dem Grunderwerbsteuerrecht noch bevorstehen. So ist bislang unklar, welche Auswirkungen das am 1. Januar 2024 in Kraft tretende Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) haben wird.