Verwaltungsvermögen: 90%-Test verfassungswidrig?


FG Münster hat ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG

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Seit Längerem ist der 90%-Test des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG auf Grund seiner überschießenden Wirkung in Diskussion. Das FG Münster hat nun in seinem Beschluss über eine Aussetzung der Vollziehung vom 3. Juni 2019 (Az. 3 V 3697/18 Erb) entschieden, dass es ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Schenkungsteuerbescheids hat, in dem die Finanzverwaltung den 90%-Test gemäß dem Wortlaut des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG durchgeführt hat.

Sachverhalt

Der der Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt verdeutlicht sehr schön, zu welch absurden Ergebnissen die Anwendung des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG (90%-Test) führen kann. Der Wert der übertragenen Anteile (100%) betrug nach dem Substanzwertverfahren EUR 555.975. Nach dem Ertragswertverfahren ergab sich sogar ein negativer Wert. Gleichzeitig wurden Finanzmittel in Höhe von EUR 2.517.649, junge Finanzmittel in Höhe von EUR 60.000 und Schulden in Höhe von EUR 3.138.504 festgestellt. Da im Rahmen des 90%-Tests das Verwaltungsvermögen und die Finanzmittel vor der Schuldenverrechnung zu berücksichtigen sind, wurde für den 90%-Test der volle Wert der festgestellten Finanzmittel in Höhe von EUR 2.577.649 herangezogen. Damit ergab sich eine unglaubliche Verwaltungsvermögensquote von 473%!

 

Hintergrung

Die Vorschrift wird schon länger in der Literatur kritisiert, da sie zu wirtschaftlich nicht nachvollziehbaren Ergebnissen führt. Denn im Rahmen des 90%-Tests wird der Bruttowert des Verwaltungsvermögens – also vor Abzug der Schulden – mit dem Nettowert des Betriebsvermögens – also nach Abzug der Schulden – verglichen. Dieser Vergleich unterschiedlicher Größen führt dazu, dass die Quote von 90% Verwaltungsvermögen rasch erreicht wird. Und das selbst in Fällen wie dem vorliegenden, in dem nach der regulären Definition des Verwaltungsvermögens in § 13b Abs. 4 ErbStG überhaupt kein Verwaltungsvermögen vorliegt!

 

Entscheidung

Dementsprechend ist es für das FG Münster (Beschluss vom 3. Juni 2019 unter dem Az. 3 V 3697/18 Erb) insofern auch zweifelhaft, ob diese nicht nachvollziehbaren Ergebnisse des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG durch den Gesetzeszweck, Missbrauch zu verhindern, gedeckt werden. Nach Ansicht des FG Münster muss im Hauptsachverfahren geklärt werden, ob eine verfassungsgemäße Auslegung des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG (teleologische Reduktion, Auslegung gegen den Wortlaut) möglich und erforderlich ist.