Nach nur vier Jahren ändert der I. Senat – unter neuem Vorsitz – seine Rechtsprechung zur Sperrwirkung der Art. 9 OECD-MA nachgebildeten DBA-Vorschriften.
Seit dem aufsehenerregenden Urteil vom 17.12.2014 (Az. I R 23/13) hatte der I. Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass Art. 9 OECD-MA als „Bedingung“ bei einer Darlehensgewährung nur den vereinbarten Zins erfasse und sich auf „Preisberichtigungen“ beschränke. Eine Korrektur von Substanzverlusten aufgrund innerstaatlicher Vorschriften sei daher durch Art 9 OECD-MA gesperrt (Sperrwirkung des Art. 9 OECD-MA). Davon nimmt der I. Senat jetzt Abstand und fasst unter den Begriff der „Bedingungen“ auch sonstige Bestandteile einer Darlehnsgewährung, z.B. im konkreten Fall die Besicherung, und erweitert damit auch den Kreis der Berechtigungsgegenstände über die „Preise“ hinaus.
Eine inländ. Konzerngesellschaft hatte gegenüber einer ausländischen Konzerngesellschaft eine unbesicherte Forderung (verzinstes Darlehen, Forderung aus Lieferung und Leistung, Regressforderung aus Bürgschaft). Die Forderungen mussten wertberichtigt werden. Das Finanzamt neutralisierte die Wertberichtigung jeweils auf der Grundlage von § 1 AStG. Es verwies auf den Fremdvergleichsgrundsatz wegen fehlender Besicherung. Das jeweilige FG hob die Korrektur auf Basis der Sperrwirkungsrechtsprechung des BFH auf.
Diese Rechtsprechung zur Sperrwirkung der Art. 9 OECD-MA nachgebildeten DBA-Vorschriften für Korrekturen von Substanzverlusten hat der BFH nunmehr wieder aufgegeben (Urteile vom 27. Februar 2019, Az. I R 73/16 sowie, I R 81/17, 51/17). Dabei hat er die Gelegenheit genutzt, bzgl. des „nebulösen“ Konzernrückhalts klarzustellen, dass dieser eine fremdübliche Besicherung nicht ersetzen kann, aber auch eine Teilwertabbschreibung nicht ausschließt. Die in der ersten dazu ergangenen „Pilotentscheidung“ (I R 73/16) aufgestellten Grundsätze hat der BFH im Folgenden weiter konkretisiert.